Einer der wichtigsten Tipps ist m.E. sich nochmals den Sinn und die Bedeutung von Gesprächen mit den Mitarbeitern vor Augen zu führen.
In den meisten (größeren) Unternehmen gehört zwar die regelmäßige Durchführung von Mitarbeitergesprächen heutzutage zum betrieblichen Alltag. Trotzdem gibt es leider noch eine große Anzahl von Führungskräften, die die regelmässige Kommunikation mit den Mitarbeitern (außerhalb von Arbeitsanweisungen oder Kontrolle) massiv unterschätzen.
Auch im formalen Turnus stattfindende MItarbeiterbeurteilungs- oder Zielgespräche werden leider häufig von den Führungskräften noch als
Und dies zudem gekoppelt mit dem Trugschluss, dass der Mitarbeiter schon weiß, wo er steht.
Man hört immer wieder, dass viele Führungskräfte in solchen Gesprächen (endlich) Ihre Sicht der Dinge schildern und alle Fehler, Versäumnisse und Schwächen des Mitarbeiters oder persönlichen Differenzen in komprimierter Form schnell loswerden oder aufdecken. Vielleicht noch in gutem Glauben, dem Mitarbeiter durch dieses „Feedback“ Gutes zu tun.
Doch wie sieht es für den Mitarbeiter aus?
Die Mitarbeiter bekommen nur Schlechtes zu hören oder werden primär damit konfrontiert, was Sie noch nicht können. Das Positive wird oft als selbstverständlich vorausgesetzt und daher nicht erwähnt. Manche empfinden die Beurteilungen als willkürlich, denn sie haben das Gefühl oder sind sich zu 100% sicher, dass der Vorgesetzte ihre Leistung gar nicht wahrnimmt. Und was kann es Schlimmeres geben, als das Gefühl zu haben, nicht gesehen zu werden.
Typisch ist auch, dass der Redeanteil der Führungskraft weit über der des Mitarbeiters liegt. Oft finden solche Gespräche fast völlig in Monologform statt.
Damit wird das Führungsinstrument "Mitarbeitergespräche" m.E. komplett entwertet.
Bei solchen eher einseitigen Gesprächen (schon das ist absurd) geht etwas ganz Entscheidendes verloren: die Sicht des Mitarbeiters.
Denn wirklich ausgetauscht werden die „Bilder“ (Selbstbild und Fremdbild) dabei oft nicht. Blinde Flecken auf beiden Seiten bleiben blind.
Über die Bedürfnisse und Erwartungen erfährt der andere nichts. Für Führungskräfte, die wertschätzend führen möchten, ist dies aber eine notwendige Information.
Statt zu unterbrechen oder sofort seine eigene, abweichende Einschätzung kundzutun, sind aktives Zuhören und Nachfragen, ausreden lassen sowie Respekt der Führungskraft gegenüber den Emotionen und Meinungen des Mitarbeiters geboten.
Gerade in einem Mitarbeiterbeurteilungsgespräch kann der Mitarbeiter eine wichtige Ressource sein. Eine kostenlose Unternehmensberatung bzw. eine kostenlose Persönlichkeitsberatung für die Führungskraft.
Wenn, ja wenn, man dem Mitarbeiter denn überhaupt die Chance geben würde, seine Sicht der Dinge und seine Einschätzung und kundtun zu können.
Wertschätzende Führung bedeutet auch, dem anderen seine ausgedrückten Gefühle wie Freude, Enttäuschung oder Ärger zuzugestehen. Nicht einfach darüber hinwegzugehen, sondern diese auch tatsächlich ernst zu nehmen, verstehen zu wollen und zu hinterfragen. Reden bedeutet miteinander reden.
In der Vorbereitung eines solchen Gesprächs liegt ein Großteil des Erfolgs.
Mir persönlich ist ein Aspekt besonders nahe gegangen: Die Vorbereitung auf das nächste Mitarbeiterjahresgespräch beginnt im Prinzip sofort nach dem Ende des letzten Gesprächs, mit dem sukzessiven und strukturierten Sammeln der für ein konstruktives Gespräch benötigten Informationen.
Nach dem Gespräch ist insoweit vor dem Gespräch, für alle Beteiligten.
Bei der konkreten Vorbereitung sind sowohl Aspekte der Sachebene als auch der Beziehungsebene einzubeziehen, dazu zählen beispielsweise:
Mitarbeitergespräche sind Auszeiten
Diese Wertschätzung dem Mitarbeiter gegenüber sollte auch bereits durch die äußeren Rahmenbedingungen (Setting), zum Ausdruck gebracht werden, denn sie tragen viel zur Gesprächsatmosphäre bei. Dem Mitarbeiter sollte das Gefühl gegeben werden, willkommen zu sein.
Dazu gehören beispielsweise:
Als Dauer sind etwa 60 bis 90 Minuten üblich. Höflichkeit und Pünktlichkeit sollten ebenfalls selbstverständlich sein.
Führungskräfte sollten Angebote machen
In der Praxis trauen sich viele Mitarbeiter nicht, von sich aus Ihre Sicht der Dinge anzusprechen. Hier kann die Führungskraft durch aktives, offenes Fragen wirksam stimulieren. Die Führungskraft kann und sollte Angebote machen. Beispielweise durch Fragen wie:
Hinsichlich der Entwicklungswünsche und Ziele des Mitarbeiters kann die Führungskraft durch offene Fragen ebenfalls Angebote machen, z.B.
Führungskräfte sollten daher darauf achten, dass gerade bei den Zielen nicht nur solche vereinbart werden, die aus Sicht der Führungskraft durch den Mitarbeiter erreicht werden sollen (und zu denen der Mitarbeiter zwar nach außen ggf. zwangsweise "Ja" gesagt hat, die er aber innen niemals zu seinen eigenen machen wird). Demotivation und Frust sind die häufige Folge.
Die großen Chancen der Mitarbeitergespräche liegen neben dem begründeten Austausch fachlicher Einschätzungen, Erwartungen und Ziele vor allem auch auf der Beziehungsebene.
Ein gut geführtes Mitarbeitergespräch ist ein hervorragendes Medium zum Ausdruck von Wertschätzung dem Mitarbeiter gegenüber.
Und Wertschätzung ist ein Motivationsfaktor mit positiver Wirkung auf die Mitarbeiterbindung. Der Vorgesetzte kann deutlich machen, dass er als Führungskraft auch eine Ressource für den Mitarbeiter sein kann und keine Bedrohung.
Außerdem bieten solche Gespräche eine Plattform für das Feedback an die Führungskraft selbst (bottom-up). Auch Chefs können nur gut führen, wenn sie Rückmeldung bekommen, dafür offen sind und daraus lernen.
Im Umkehrschluss kann ein schlecht geführtes Mitarbeitergespräch die Beziehung belasten und absolut demotivierend wirken. Manche Mitarbeiter sehen das Gespräch sogar als letzte Gelegenheit, um doch noch die ersehnte Wertschätzung und Anerkennung zu bekommen (wenn nicht dort, wo dann). Und wenn sie ausbleibt, dann ist die Gefahr der inneren Kündigung hoch.
Der Vorgesetzte ist Profi in seinem Fachgebiet, er sollte daher in der Führung und im Mitarbeitergespräch nicht in der Amateurliga spielen.
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